B I O G R A F I E
GEORGE FLEURY
Garant für musikalisch höchstes Niveau!
Der Künstler George Fleury in einem Portrait und Interview mit Ralf Hoffmann, Musikpädagoge.
(Auszug Zeitschrift OKEY! Ausgabe 34, Mai/Juni 2000)
George Fleury wurde am 27. August 1945 im schweizerischen Basel in einer kinderreichen Familie geboren - George hat noch einen Bruder und vier Schwestern. Im Hause Fleury wurde viel auf die Musik gehalten. Der Vater war ein begeisterter Geiger und Organist in seinem Heimatort Vermes in der jurassischen Schweiz. Alle Geschwister von George spielen auch heute noch Klavier! So kam George schon von Kindesbeinen an mit der Musik und speziell auch mit Klavier und Orgel in Berührung. Die Natur schenkte ihm eine seltene Gabe dazu - das absolute Gehör. Seine musikalische Laufbahn begann im Alter von 7 Jahren mit klassischem Klavierunterricht bei Ernst Pfiffner, dem Schweizer Komponisten zeitgenös-sischer Werke.
Als er 10 Jahre alt war, interessierte ihn zunehmend auch die Kirchenorgel. An den Sonntagvormittagen beobachtete George aufmerksam den Kirchenorganisten und kopierte dessen Spiel auf der 3-manualigen Kirchenorgel bald verblüffend. Ab dem 14. Lebensjahr erhielt er eine fünfjährige Ausbildung auf dem begehrten Instrument bei Frau Prof. Hartung im College in Sarnen (in der Innerschweiz). Dort absolvierte er als Wirtschaftsstudent auch das Han-delsdiplom. Parallel zur klassischen Musik hatte George Fleury schon immer ein Faible für Jazz. Neben der Kirchenorgel spielte er in der College Band die erste Trompete („...ich habe das autodidaktisch erlernt. Damals war ich ein Maynard Ferguson-Fan - der hat immer ziemlich oben herum gespielt. Ich hatte ein Mundstück mit flachem Kessel und konnte das ganz gut nachvollziehen. Mein Trompetenton war zwar nicht besonders schön, dafür aber umso lauter und sehr hoch...“). Auch in seiner Tanzband „George-Fleury-Soundset“ griff der Meister des öfteren zur Trompete („...gerade im Fasching habe ich mitgeblasen wie verrückt...“). Nach dem Abschluss des Handelsdiploms hatte George einen Job als Exportkaufmann bei der Konservenfabrik „Hero“, nebenbei gründete er eine Rockband - „The Five Kings“.
Schließlich beschäftigte sich Fleury immer intensiver mit der Musik. Er ging zurück nach Basel und leitete von 1968 bis 1972 für die größte Schweizer Musikkette (Musikhaus Hug) das Hammond-Engros-Geschäft. Zwangsläufig kam er dabei mit den elektromagnetischen und elektronischen Orgeln in Berührung. Das Interesse daran wuchs und wuchs und ließ ihn letztendlich nicht mehr los. Bald darauf fand man George Fleury auf den Konzertpodien rund um die Welt. Er hatte eine eigene Hammond M 100 mit Leslie 251, gründete ein Jazztrio und spielte in der 7-Mann starken Jazzrockband „Caleidoscope“. Für diese Band schrieb er auch Kompositionen und errang mit ihr 1971 und 1972 die Goldmedaille als beste Gruppe beim Internationalen Jazz-Festival in Zürich. In beiden Jahren erhielt er außerdem den ersten Preis als bester Solist auf seinem Instrument - der elektronischen Orgel. Es folgten Fernsehauftritte und Schallplatteneinspielungen. Die Höhepunkte von Fleurys Karriere sind vielfältig!
1972 wurde der Weltkonzern Yamaha auf George Fleury aufmerksam. Fleury beteiligte sich erfolgreich am alljährlich stattfindenden Yamaha-Electone-Contest - einem internationalen Wettbewerb für junge Organisten. Bei der nationalen Ausscheidung der Schweiz und in der europäischen Ausscheidung ging er als Sieger des Festivals hervor und fuhr somit zum Internationalen Electone Festival nach Japan, wo er von 22 Organisten aus aller Welt den Grand Prix „Special Award for Outstanding Performance“ errang. Zur Frankfurter Frühjahrs-messe 1974 begann dann nach diesen Erfolgen die Zusammenarbeit zwischen Fleury und Yamaha. Yamaha Europa stellte George als Konzertorganist, Vorführer und Musikdozent ein. Es folgten unzählige Konzerte in Europas bekanntesten Konzertsälen (von Irland bis Spanien und Israel, im Ostblock...), zahllose Konzertbesuche in Japan (u.a. mehrere Konzertreisen mit dessen Nummer-Eins-Drummer Inomata), darüber hinaus Konzerte in Hongkong, Manila, auf den Philippinen.... Diese (für Yamaha ungewöhnliche) Allianz sollte über 20 Jahre andauern. Ungewöhnlich deshalb, weil es bei Yamaha (im Gegensatz zu den meisten anderen E-Orgel-Herstellern) nie zur Firmenpolitik gehörte, bestimmte Organisten zu protegieren. Man sah bei Yamaha-Veranstaltungen auch immer wieder andere Gastorganisten - trotzdem war Fleury für Yamaha die ganzen Jahre hindurch unangefochten „die Nummer 1“!
Kein Wunder, dass so viel Talent nicht verborgen bleibt - der deutsche Bandleader Ambros Seelos wurde aufmerksam und engagierte ihn für sein Internationales Show-Orchester. Gastspielreisen führten George Fleury mit dieser Band durch ganz Europa und zweimal nach Asien. Drei ausverkaufte Solo-Konzerte in der alten Oper in Tel Aviv und im Amphi-Theater von Caesarea schlossen sich an. Im englischen Blackpool wurde Fleury vom Publikum zweimal zum „Pollwinner“ gekürt. Das hatte es zuvor noch nie gegeben - ein Nicht-Engländer als Pollwinner - und das gleich zweimal!
Durch seine Ausbildung und sein breites musikalisches Spektrum holte George stets alles Machbare aus den elektronischen Instrumenten heraus und präsentierte bald die ganze Yamaha-Palette von der kleinsten bis zur größten Orgel. Im April 1975 machte Fleury an der legendären Yamaha Electone GX1 Furore. Die GX1 war die erste Orgel der Welt mit einem eingebauten polyphonen Synthesizer. Welcher Organist denkt heute noch über polyphone oder monophone Stimmen nach? George Fleury war an diesem Instrument (ca. DM 140.000,-) ganz in seinem Element. Mit seiner technischen und musikalischen Brillanz vermittelte er den Zuhörern perfekt die Illusion, Naturinstrumente zu hören. Ein exzellenter Musiker an einem futuristischen Instrument - das Publikum war begeistert!
Von 1980 bis 1983 brillierte George Fleury an der Yamaha D85, danach folgte eine neue Electone-Generation mit Registration Memory und gesampelten Sounds (FX-20...), sowie die HX-/HS-Generation und schließlich 1990 die EL-90 mit ihren kleineren Schwestern. George war tief in die Entwicklung der EL-Serie eingebunden. Zahlreiche Rhythmen und Begleitpattern stammen aus seiner Feder. Dies war mit einem ganz erheblichen Zeitaufwand verbunden. George dazu: „Nach zweieinhalb Monaten Vorbereitungszeit zu Hause bin ich noch fast 6 Wochen in der Entwicklungsabteilung in Japan gesessen.“
George Fleury und die Bühne - hier kommt ein weiterer, besonderer Aspekt ins Spiel. Wer George jemals in einem Konzert erlebt hat, wird diese Kombination aus Virtuosität und typisch schweizerischem Humor niemals vergessen. Es lohnt sich, nicht nur hinzuhören, sondern auch hinzusehen. Meist jagt ein Gag den nächsten. Musikstücke mit kabarettistischen Einlagen? - Für George eine Selbstverständlichkeit. Langjährige Fans erinnern sich sicherlich an seine Persiflage auf die erste Geigenstunde, die Muppet-Show, die Oscar-Peterson- oder Jimmy-Smith-Imitationen, seinen (auf die Sekunde genauen) Minutenwalzer von Chopin, an das im Fußpedal angedeutete Amorada, an die beiden echten Regentropfen und den Donner im Song „Raindrops Keep Falling On My Head“ oder an die „Geschichte der elektronischen Orgel“.... George ist übrigens nicht nur auf der Bühne eine humorvolle Gestalt, der Humor zieht sich durch sein ganzes Leben. Ein trauriges Fest mit George Fleury - einfach undenkbar!
Dass George Fleury kein Einzelgänger ist, hat er mehrfach durch die Zusammenarbeit mit anderen Musikern unter Beweis gestellt. Gut in Erinnerung sind hier die bluesigen Sessions mit der Sängerin Betty Dorsey. Neben der einfühlsamen Interpretation von Standards hatten sie besonderen Spass daran, aus Worten die ihnen das Publikum zurief, einen Blues zu kreieren. 1988 gestaltete Fleury eine mehrwöchige Tournee mit der Mannheimer „Rockröhre“ Joy Fleming. Auch hier sprang der musikalische Funke mühelos von den Musikern auf das Publikum über, z.B. beim „Neckarbrückenblues“. Eine Tournee mit Bo Hart (Keyboarder der Klaus-Lage-Band) und der Sängerin Lisa Cash verlief genauso erfolgreich. Ein vielversprechendes Projekt kommt in der nächsten Zeit auf die Bühne: George Fleury wird mit der Sängerin Freda Goodlett und weiteren Musikern (Drums, Bass, Guitar) auftreten. Die US-Sängerin, die jetzt in Bern wohnt, hat in Riga „Porgy and Bess“ gesungen, arbeitete u.a. auch mit Tina Turner und Inga Rumpf zusammen. Als Programm verspricht George eine mitreißende Mischung aus Jazz, Funk und Pop. Man darf gespannt sein - Fleury fühlt sich in diesen Stilbereichen ja bestens zu Hause und ist beileibe kein einsamer Oldie an der E-Orgel, bei diesem Projekt heißt es „Let’s fetz!“
George Fleury hat auch eine „pädagogische Seite“: Früher führte er Produktschulungen für Yamaha-Händler und Vorführer durch, heute bietet er als Gastdozent für elektronische Musik an diversen Institutionen Meisterkurse für Musikstudenten an, die sich in den Bereichen Pop, Funk und Jazz weiterbilden möchten. Als Musikschul-Referent der Yamaha-Musikschule ist er seit 1995 für die Ausbildung der Schweizer Lehrer zuständig, die nach dem weltweiten Yamaha-Musikschulsystem unterrichten. In der Zwischenzeit gibt es auch eine Zusammen-arbeit mit dem Deutschen Orgel- und Keyboard-Lehrer Verband DOLV und die OKEY!-Leser profitieren seit Jahren von der Kolumne „Learn With George“.
George Fleury besitzt des weiteren eine eigene Software-Firma: Mit dem Orgel- und Computerspezialisten René Witschi gründete er 1995 die HitSoft GmbH, die anspruchsvolle Noten- und MIDI-Files für Musikschulen und Privatkunden erstellt. Viele Musiker genießen inzwischen die Publikationen „Hit des Monats!“, „Easy Play Collection“, „Play With George!“ oder „Rhythm & Sound Registrations“. Die Kombination aus perfekt arrangierten Sequenzen und darauf abgestimmten Noten kommt vielen Musikern entgegen. Als Musikpädagoge und Autor im Schott’s Söhne Verlag in Mainz ist Fleury bestens mit den Anforderungen an musikalisch und methodisch einwandfreies Notenmaterial vertraut.
Er hat bis dato sieben Musikalben und eingespielt. Die letzte CD „New Aspects“ beinhaltet Eigenkompositionen in Richtung Jazz, Jazzrock, Funk und Crossover. Für einige dieser Titel sind auch Noten und entsprechende Software für E-Orgel, sowie MIDI-Files erhältlich. Neben der Orgel setzte Fleury in letzter Zeit wieder vermehrt die Elektronik in Verbindung mit einem akustischen Flügel/Klavier ein. Das Yamaha-Disklavier und der GranTouch bieten ihm technisch und musikalisch optimale Voraussetzungen zur Verwirklichung seiner Musik.
In den vergangenen Wochen hat die neue Zusammenarbeit von George Fleury mit Dirk Flügge (Importeur der Orgelmarken Lowrey, Mantova und Viscount Sakral) für Aufsehen und Erstaunen gesorgt. Lowrey wendet sich mit seinen Presetinstrumenten an den engagierten Heimorgelspieler mit dem Slogan: „Musizieren - nicht programmieren“. Im besten Sinne von Wellness und Relaxing soll der Heimorganist in erster Linie Spass und Abwechslung am Instrument haben. Die Bedienung der Instrumente ist einfach, der Klang warm und weich. Fleury präsentiert die Lowrey-Instrumente in der laufenden Tournee „Die Renaissance der Orgel-Legenden“. Verlässt der Starmusiker nach über 20-jähriger Zusammenarbeit nun plötzlich seine Hausmarke Yamaha? OKEY! konnte nach den ersten Tourneetagen Näheres über die Hintergründe der Zusammenarbeit und die nächsten Pläne erfahren:
Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Dirk Flügge? Der Kontakt kam über die neue Lowrey-Niederlassung in Zürich zustande. Dirk Flügge war schon lange an mir interessiert, aber meine Zusammenarbeit mit Yamaha stand wegen der damit verbundenen Zeitprobleme immer etwas im Weg. Auch andere Orgelfirmen hatten bei mir schon „angeklopft“. Nach längerer Überlegungsphase habe ich nun bei Herrn Flügge zugesagt. Die Zusammenarbeit zwischen mir und ihm ist auf längere Zeit angelegt und für beide Seiten gesichert.
Bedeutet dies Ihre totale Trennung von Yamaha? Nein, früher wollte ich nur mit Yamaha arbeiten, in der letzten Zeit hat sich der Markt jedoch stark gewandelt. Verschiedene Dinge entwickeln sich in Richtungen, welche für junge, freie Mitarbeiter (als Neulinge auf diesem Gebiet) interessant erscheinen, die für mich jedoch nicht mehr unbedingt in Frage kommen müssen. Da Yamaha vermutlich keine E-Orgeln mehr produzieren wird, ich aber weiterhin Orgel spielen möchte, kam die Kooperation mit Herrn Flügge zustande. Mit Yamaha gibt es deswegen jedoch keine Probleme. Meine Arbeit am Disklavier wird von der Zusammenarbeit mit Lowrey nicht berührt und die Yamaha-Musikschule hat ebenfalls keine Berührungs-Ängste. Meine Arbeit an der neuen Yamaha-Keyboardschule „Fun Key“ läuft ganz normal weiter. Die Bände 1 und 2 sind bereits auf dem Markt, Band 3 ist in Vorbereitung. Der Kontakt mit Lowrey/Mantova bedeutet für mich also nicht die Trennung von Yamaha. In England und anderen Ländern ist es übrigens längst selbstverständlich, dass die Stars auf verschiedenen Instrumentenmarken spielen.
Führt die Tournee nur durch die Schweiz und Deutschland? Nein, im Moment sind nur die ersten Termine veröffentlicht, in Österreich werde ich natürlich auch noch spielen. Daneben laufen die Vorbereitungen für Holland und Frankreich - es gibt noch genügend zu tun. Wichtig ist für mich allerdings nicht die Quantität der Termine, sondern die Qualität!
Wie sind Ihre Erfahrungen nach den ersten Tourneetagen? Nun, es ist im Moment schon ziemlich anstrengend - wir präsentieren die Modelle stets von 11.00 bis 21.00 Uhr, das sind immer 10 Stunden nonstop, anschließend geht es meistens noch weiter zum nächsten Veranstaltungsort. Nach einem etwas zörgerlichen Start in Zürich (bedingt durch Probleme der beauftragten Werbefirma) sind wir nun ganz zufrieden. Die Reaktionen der Leute sind wirklich gut! In Freiburg kamen zwischen 500 und 600 Leute - da war den ganzen Tag etwas los! Als Reaktion darauf gibt es dort nun einen neuen Stützpunkthändler. Wir sind im Moment zwar nur ein kleineres Team, dafür aber sehr innovativ! Ob es eine Renaissance der Orgel gibt, weiß ich nicht, aber wir setzen auf alle Fälle etwas in Bewegung, das ist das Gute! Die neue Aufgabe reizt mich auch. Ich präsentiere alle drei Instrumententypen: Lowrey, Mantova und zwischendurch sitze ich auch an der Viscount-Kirchenorgel, ich komme ja von diesem Fach. Demnächst sind wir im Mantova-Werk in Italien, wo über neue Pläne gesprochen wird - man darf auf die Frankfurter Musikmesse gespannt sein! Wir denken auch über eine gemeinsame Präsentation der großen Lowrey und der Kirchenorgel nach: Ich könnte an der Lowrey den Orchesterpart übernehmen und der klassische Organist Jan Overbeek die Viscount spielen. Das ergibt eine überaus reizvolle Klangkombination. Ich habe so etwas vor einigen Jahren schon einmal mit einem Organisten in Hamburg beim Musikfestival „Grenzüberschreitungen“ gemacht: Er auf der Kirchenorgel, ich auf der EX-1 - diese Synthese war echt toll.
Sie haben über 20 Jahre fast ausschließlich auf Yamaha-Instrumenten gespielt; wie sind Ihre persönlichen Eindrücke von den Lowrey-Orgeln? Ich habe da überhaupt keine Berührungs-ängste, ich habe schon früher auch aus den kleinsten Instrumenten das herausgeholt, was überhaupt möglich war. Als ich das erste Mal bei Herrn Flügge war, habe ich mich nicht an die größte, sondern an die kleinste Lowrey gesetzt! Ich habe bemerkt, dass ihm das imponiert hat. Natürlich ist es schon eine große Umstellung. Man kann das vielleicht mit dem Fahren von Automarken vergleichen. Wenn man 20 Jahre mit der gleichen Nobelmarke glücklich war und dann auf ein anderes Top-Produkt umsteigt, vermisst man bei dem neuen Fabrikat anfangs vielleicht Dinge, die man gewohnt war - aber wenn man sich intensiv mit dem neuen Instrument beschäftigt, findet man immer mehr Neues, Interessantes und wird vertraut damit.
Die Orgel ist imposant, klingt fantastisch! Neugierig gehe ich dann natürlich auch ins „Eingemachte“ - ich teste das Instrument vom Musikalischen und vom ganzen Aufbau her ganz anders als der „normale Hausorganist“. Kurz gesagt, ich musste mich zwar an das Instrument gewöhnen, habe aber von Anfang an gewusst, dass es schwierig sein würde, nach Yamaha ein anderes Instrument in die Finger zu nehmen und nach meinen Vorstellungen zum Klingen zu bringen. Die Yamahas hatten doch Aftertouch, man konnte den Ton beeinflussen, sie waren von der Klangqualität 1a, die Gitarren- und Klaviersounds, die Bläser etc. Man hatte immer das Beste unter den Fingern gehabt und war verwöhnt. Jetzt habe ich aber auf eine andere Art auch das Beste unter den Fingern! Ich hatte das Instrument kurzfristig bekommen und nur eine Woche Zeit, mich vorzubereiten, doch nun steht bereits ein Konzertprogramm von ca. 45 Minuten. Von Tag zu Tag wurde ich wärmer mit dem Instrument. „Fiddle Faddle“ macht mir jetzt fast mehr Spass zum spielen als früher. Bei einigen Dingen muss ich zwar Kompromisse machen, dafür habe ich aber auch andere Vorteile, die ich voll ausschöpfe, z.B. vom Klang her. Wenn man „New York, New York“ oder „Spiel mir das Lied vom Tod“ hört - die Dynamik und die Wärme, die in diesem Instrument steckt, ist einfach gewaltig. Es „schreit“ nie oder klingt blechern; dieses manchmal etwas scharf oder spitz Klingende, welches anderen Produkten oft anhaftet, das gibt es bei Lowrey nicht, alles klingt rund. Die Amerikaner haben das Instrument top programmiert, gerade was z.B. Gospel, Blues und Swing angeht, da können alle anderen Programmierer noch viel lernen. Da stimmt es vom Groove her, man bekommt dieses Laid-back-Gefühl der Bläser oder das Vorwärtsdrängen des Basses wirklich mit - das ist echt toll gemacht und verursacht enormen Spielspass. Ich spiele alles live, ohne Sequenzen! Um auf die Autos zurückzukommen: Ich bin 25 Jahre Mercedes gefahren - jetzt fahre ich zusätzlich auch noch Rolls Royce.
Läuft die Arbeit in Ihrer Musiksoftware-Firma HitSoft während der Tournee weiter? Ja sicher, ich bin zwar etwas im Stress, weil der „Hit des Monats!“ mit allen Bearbeitungen, Sequenzen usw. immer ca. 10 bis 12 Arbeitstage benötigt und ich im Moment nicht immer in der Firma sein kann. Aber dank Internet und e-Mail ist es ja heute kein Problem mehr, Scores, Daten, MIDI-Files usw. über größere Entfernungen via Internet auszutauschen und hin- und herzuschicken. Zudem ist mein Geschäftspartner und Mitinhaber von HitSoft GmbH in der Firma täglich präsent.
Ende 1999 wurde eine neue CD angekündigt, die aber noch nicht erschienen ist. Gibt es hier etwas Neues zu berichten? Einige Titel stehen schon, aber durch die Zusammenarbeit ab Januar mit Dirk Flügge und die Vorbereitung der Tournee war es einfach nicht möglich, den Veröffentlichungstermin zu halten. Für die Musikmesse in Frankfurt wollen wir eine Topshow bieten, darüber hinaus steht die Arbeit an der Yamaha-Keyboardschule an, es gibt viel zu tun... Die CD, die ich noch komplett auf der EL-90 einspiele, wird aber auf alle Fälle kommen, ich hoffe, bis April oder Mai. Es sind viele Highlights darauf enthalten: „Piano Concertino in F“, „Feel Like Making Love To You“, „Strings On Fire“, „Fiddle Faddle“... Das nächste wird dann natürlich eine CD mit der Lowrey sein, die Grobplanung lautet hier: Anfang Sommer. Darüber hinaus möchte ich (wenn ich wieder mehr Zeit habe) eigene Sachen veröffentlichen, z.B. Ensemble-noten und eine neue Keyboard-/Klaviermethode, wo man lernt, Bass, Begleitung und Melodie gleichzeitig mit zwei Händen zu spielen.
Wie entstehen Ihre Ideen für eigene Kompositionen, wie läuft eine CD-Produktion ab? Die Ideen entstehen oft während des Spielens direkt am Instrument - oder auch unterwegs beim Auto fahren. Ich habe immer Notenpapier dabei. Wenn ich etwas spontan gut finde und es mich anspricht, halte ich dann einfach an und schreibe mir die Ideen harmonisch und melodisch sofort auf, manchmal mache ich mir auch einfach rhythmische Notizen. Später arbeite ich es dann bis ins Detail aus und erstelle von allen Titeln handschriftliche Arrangements. Manche Titel entstehen auch ganz spontan, wie z.B. „Cocamba“. Ich war in Italien auf Tour und der beteiligte Vertriebsleiter mochte gerne Salsa, Samba, Polyrhythmik usw., das hat mich inspiriert. Als wir dann einen Nachmittag frei hatten, habe ich mich bei einem Musikhändler ins stille Kämmerchen eingeschlossen - so ist „Cocamba“ an einem Nachmittag entstanden. Da ich meine CDs selbst produziere und vertreibe, kann ich den Inhalt natürlich auch selbst bestimmen. Bei der Aufnahme arbeite ich mit PC und Emagic Logic. Normalerweise spiele ich alles in einem Take ein, dann stimmt das Feeling und man hat den richtigen Groove. Manchmal kommen natürlich auch zusätzliche Tracks dazu. Zur Erstellung von Noten verwende ich in der Regel Logic, arbeite für den Notensatz aber auch mit Finale und Sibelius.
Sind Sie auch als Studiomusiker tätig? Nein, nicht mehr - das scheitert an meinen vielen Terminverpflichtungen, ich bin ja fast nie zu Hause. Früher habe ich viel im Studio gemacht, u.a. mit dem Radioorchester Zürich. Wenn da Orgel gebraucht wurde, habe ich diesen Part übernommen. So sind z.B. mit Bill Ramsey z.B. viele Produktionen entstanden.
Was unterscheidet Sie von anderen Organisten/Keyboardern? Ich denke orchestral, bin mit dem absoluten Gehör geboren, kann Musik gut analysieren, aufschreiben und brauche deshalb nicht unbedingt ein Instrument, um ein Arrangement zu erstellen. Ich kann mich orchestermäßig in die Instrumente einfühlen. Wenn man Orchesterinstrumente spielt, muss man sie auch artgerecht interpretieren, damit sie authentisch klingen. Man muss wissen, wie man Streicher schreibt, damit sie z.B. klagen oder jubilieren und fröhlich klingen. Man kann Musik nicht nur motorisch wiedergeben, man muss sie im Inneren erleben und ausdrücken können. Ich denke, da habe ich einigen anderen Musikern etwas voraus.
Welche künstlerischen Ansprüche stellen Sie an sich selbst? Ich bin nie zufrieden mit mir. Natürlich freue ich mich über den Applaus des Publikums, das ist das Brot des Künstlers! Man darf aber nie vergessen, was man noch alles lernen kann und muss. Je mehr man sich mit Musik und neuen Aufgaben beschäftigt, desto mehr entdeckt man seine kreativen und manchmal noch ungenutzten Möglichkeiten und damit auch immer wieder Dinge, die man verwirklichen kann. Es darf einfach keinen Stillstand geben; den auf Dauer perfekten Musiker gibt es nicht; alles muss in Bewegung bleiben. Ich kenne meine Schwächen und versuche, sie gezielt zu bekämpfen, das bringt mich voran.
Welche Musik und welche Musiker schätzen Sie besonders? Es kommt ein bisschen auf meine jeweilige Stimmung an - generell mag ich jede Musikrichtung bis hin zur Volksmusik. Hier denke ich allerdings mehr an die instrumentale Volksmusik, wo richtig gut geblasen wird, die Instrumente und die Phrasierungen stimmen, die Tempi und Ritardandi harmonieren. Daran kann ich mich genauso erfreuen, wie an einer gut spielenden Dixielandband. Ich muss erkennen, dass die Leute ihr Instrument beherrschen! Dann ist es völlig egal, welche Musikrichtung ich höre. Was ich allerdings nicht mag, sind Schlager und volkstümliche Musik. Kompositorisch schätze ich besonders John Williams und Dave Grusin, als Instrumentalisten gehen die Brecker Brothers für mich gut ab, am Schlagzeug mag ich u.a. Dave Weckl. Alles was beim GRP-Label erschienen ist, kann man bedenkenlos kaufen, da gibt es nur g..... Zeug.
Danke für das Interview und die offenen Antworten. Viel Spass und weiterhin viel Erfolg bei der Tournee!
Periodische Nachträge zum Lebenslauf GF
Seit 2005: Zusammenarbeit in den Bereichen Elektronische Orgel, Digitalpianos mit der japanischen Firma ROLAND Elektronische Musikinstrumente - dem Pendant zum Weltkonzern YAMAHA.